Im letzten Herbst saß ich am Schreibtisch und grübelte über das Exposé für mein neues Buch nach. Darin musste ich auch etwas über mich schreiben. Aber was? „Pensionierte Lehrerin aus der Provinz“ klang nicht nach einer ausgesprochenen Erfolgsgeschichte. „Sehr interessiert an Kunst und Mode“ würde auch keinen vom Hocker reißen. Um meinen Werdegang und ehrlicherweise auch mich ein bisschen peppiger zu gestalten, kam mir die Idee, mein Leben in Kleidern zu beschreiben. Ich dachte, das passt ganz gut zu mir.
Mein Kleider-Lebenslauf:
Zopfspangen mit Gummis und bunten Plastikblümchen
Ein gestreiftes, ärmelloses Minikleid von Cacharel, gekauft von meinem ersten selbst verdienten Geld. Todschick und so kurz, dass meine Eltern Schnappatmung bekamen! Ich war 15. Von da an kaufte ich meine Garderobe selbst ein. Ich war nämlich reich. Ich gab Nachhilfe in Englisch. Eine Stunde kostete 10 Mark und bei zwei Schülerinnen pro Woche badete ich schon bald im Geldspeicher.
Schwarze Kleider vom Flohmarkt, in denen ich als Studentin ketterauchend durch die Nächte zog. Ich war halt in Paris gewesen und fühlte mich durch und durch wie Juliette Gréco.
Ein dunkelrotes Hemdblusenkleid für mein 2. Staatsexamen. Es hängt noch in meinem Kleiderschrank, es passt mir sogar noch.
Der prachtvolle dunkelblaue Issey Miyake-Mantel zum Preis einer Einbauküche, inzwischen ist er schon etwas verblichen. Er war meine irrwitzigste und gleichzeitig vernünftigste Investition, denn seit vielen Jahren wohne ich darin.
Weite Hosen aus Kaschmir. Barbara Vinken nennt sie „writers´ pants“. Bei mir heißen sie auf gut ostwestfälisch „Buchxen“.